VCI-Position kompakt

Handelspolitik

11. Dezember 2023 | Position

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Die Welthandelsordnung und die internationalen Lieferketten stehen unter Stress: Der Krieg in der Ukraine und der sich zuspitzende Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China haben das geopolitische Umfeld der Unternehmen radikal verändert. Zudem bleiben die Herausforderungen des Klimawandels brisant, und die Entwicklung von wichtigen Standortfaktoren wie Energiekosten und Regulierungsdichte haben die internationale Wettbewerbssituation der deutschen Chemie verschlechtert.

Auf der Suche nach Antworten auf all diese Herausforderungen gewinnen der Abbau einseitiger Abhängigkeiten und die Diversifizierung der Beziehungen an Bedeutung. Stattdessen setzt die EU in ihrer Politik aber weiter stark auf Alleingänge beim Klima- und Umweltschutz – auch durch die Entwicklung unilateraler Handelsbarrieren wie „Grenzausgleichsmaßnahmen zum Klimaschutz“ (CBAM).

Handelsnation Deutschland unter Druck

Mit ihren Produkten trägt die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie als Teil innovativer internationaler Wertschöpfungsnetzwerke daheim und weltweit zu Wohlstand und den UN-Nachhaltigkeitszielen bei. Deutschland exportierte 2022 chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von rund 284 Milliarden Euro. Zugleich belief sich der Import entsprechender Produkte auf mehr als 219 Milliarden Euro. Die Chemie- und Pharmaindustrie selbst importiert Rohstoffe, Vorprodukte und Technologie. Die Branche produziert global und nutzt die Nähe zu Absatzmärkten, spezifische Standortvorteile und ihren Know-how-Vorsprung auf Basis geistiger Eigentumsrechte. Unterdessen investieren und produzieren ausländische Unternehmen hier. Die Folgen der Corona-Pandemie und geopolitische Spannungen setzen den Lieferketten weiterhin zu. Neben Effizienz und Nachhaltigkeit rückt die Resilienz als zusätzliche Maßgabe in das Koordinatensystem der Unternehmen. Es gilt, die Resilienz zu stärken, ohne sich zu isolieren. Denn ohne Handel drohen erhebliche Einbußen an Wohlstand und Einfluss. Zudem bremst weniger internationale Vernetzung die globale Transformation.

Suche nach Regeln fürs 21. Jahrhundert

Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie hat sich im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO erfolgreich in die Weltmärkte integriert. Diese Handelsordnung erodiert seit Jahren schleichend. Die EU hat ihre Handelspolitik am Grundsatz der „open strategic autonomy“ ausgerichtet und betont „economic security“: Es gilt, die EU für die globalen Herausforderungen fit zu machen, ohne ihre Offenheit aufzugeben. Handelsverträge könnten die Diversifizierung der Beziehungen und damit die Resilienz erhöhen. Die EU ist hier aber sehr langsam: Zuletzt ist die Einigung auf das Abkommen mit dem gemeinsamen Markt Südamerikas „Mercosur“ wieder in die Ferne gerückt.

DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN

  • Moderne Handelsregeln und offene Märkte statt Alleingänge und Protektionismus
    Deutschland und die EU sollten sich weiter für offene Märkte und fairen Wettbewerb sowie gegen Protektionismus einsetzen. Klimaschutz, gute Ernährung und mehr Weltgesundheit brauchen Handel. Die WTO als wichtige Basis hierfür bedarf der Modernisierung. Wettbewerbsnachteile infolge des Green Deals der EU durch Maßnahmen an der EU-Außengrenze auszugleichen, die auf die Verteuerung von Importen setzen, birgt Risiken und neue Belastungen. Diese müssen vermieden werden.
  • Wettbewerb mit China annehmen
    Die EU muss den geo- und industriepolitischen Strategien Chinas eine eigene Strategie entgegensetzen. Diese muss den Dreiklang „Partner – wirtschaftlicher Wettbewerber – systemischer Rivale“ in einer ganzheitlichen China-Politik abbilden und Risiken aus Abhängigkeiten reduzieren. Zudem ist es wichtig, sich dabei eng mit Partnern abzustimmen. Die deutsche China-Strategie ist ein neuer Schritt in die richtige Richtung.
  • Diversifizierung und Transformation durch Handelsabkommen unterstützen
    Der Zeitdruck für neue Handelsregeln, die Verbreitung nachhaltiger Technologien und diversifizierte Handelsbeziehungen ist groß. Internationale Handelsabkommen sind wichtiger denn je. Das Abkommen der EU mit dem Mercosur darf nicht scheitern. Im Transatlantischen Technologie- und Handelsrat (TTC) sollten EU und USA eng zu Transformationsthemen zusammenarbeiten.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Matthias Blum

Dr. Matthias Blum

Abteilungsleitung Außenwirtschaft, Außenwirtschaftspolitik, europäische/nationale Industriepolitik