VCI-Position

EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit

09. November 2020 | Position

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Die Europäische Kommission hat Mitte Oktober 2020 ihre Mitteilung „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit – Für eine schadstofffreie Umwelt“ veröffentlicht. Damit kommen große Veränderungen auf die Chemiebranche und die Anwender von Chemikalien zu.

Bild: © Europäische Kommission
Bild: © Europäische Kommission

Die Chemikalienstrategie ist Teil des Green Deals, der vorrangig das Ziel verfolgt, Klimaneutralität in Europa bis 2050 zu erreichen. Die Umsetzung der Chemikalienstrategie mit ihren mehr als 50 Maßnahmen wird weitreichende Folgen für die chemische Industrie und die Anwender von chemischen Produkten haben.

  • Es ist geplant, die REACH-Verordnung, die CLP-Verordnung und zahlreiche andere Vorschriften zu ändern und zu verschärfen. Hierzu zählen weitreichende neue Datenanforderungen, Verwendungsbeschränkungen und eine umfassende Regulierung von Stoffgruppen mit bestimmten Eigenschaften sowie die Aufnahme neuer Gefahrenklassen in die CLP-Verordnung.
  • Auch weitere Regulierungen von Produkten (etwa Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel, Lebensmittelkontaktmaterialien) sowie zum Umwelt- und Arbeitsschutz sind zu erwarten. Insgesamt soll das gesamte Chemikalienrecht wesentlich gefahrenbasierter ausgerichtet werden.

Auf die chemische Industrie und die Anwender ihrer Produkte kommen so zusätzlich zur aktuellen, durch COVID-19 ausgelösten wirtschaftlichen Krise, unsichere und schwierige Zeiten zu.

VCI-Position zur neuen EU-Chemikalienstrategie

Der VCI unterstützt das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 und den Ansatz des Green Deals, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in Europa nachhaltiger auszurichten. Die Chemie- und Pharmabranche kann und will mit innovativen Lösungen und Verfahren aktiv dazu beitragen, die anspruchsvollen Ziele zu erreichen; wie zum Beispiel beim medizinischen Fortschritt, bei der Digitalisierung, beim Klimaschutz oder bei Elektromobilität. Nur eine starke chemische Industrie wird den Weg zur Klimaneutralität sowie die Widerstandsfähigkeit der Europäischen Union gegen künftige Krisen sicherstellen, die heute noch nicht vorhersehbar sind.

Damit die Chemieindustrie einen maximalen Beitrag zu den Green Deal Zielen leisten kann, benötigt Sie geeignete Rahmenbedingungen:

Stabilität und Planungssicherheit erforderlich

  • Der Regulierungsrahmen der EU für chemische Stoffe und Produkte zählt heute anerkanntermaßen zu den umfassendsten und sichersten Schutzstandards und stützt sich auf die weltweit fortschrittlichste Wissensbasis. Das Erreichte darf nicht gefährdet werden indem jetzt viele bewährte Gesetzgebungen in langwierigen Gesetzgebungsverfahren mit unsicherem Ausgang geöffnet werden.
  • Die vorrangigen Ziele der Chemikalienstrategie, Mensch und Umwelt zu schützen sowie sichere und nachhaltige Chemikalien zu fördern, können grundsätzlich schon innerhalb des bestehenden Gesetzgebungsrahmens erreicht werden.
  • Notwendig sind jetzt Stabilität und Planungssicherheit zur Bewältigung der Krise und zur Sicherung strategischer Produkte und Verfahren in Europa. Die wirtschaftliche Bewältigung der aktuellen Krise darf nicht über Jahre hinweg ausbremst werden.

Kriterien für sichere und nachhaltige Chemikalien müssen alle Dimensionen der Nachhaltigkeit umfassen

  • Für weitere Verbesserungen ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der den gesamten Lebenszyklus und alle Dimensionen der Nachhaltigkeit im Blick hat, die ökologische, die soziale und die ökonomische. Nachhaltigkeit ist keine inhärente Stoffeigenschaft und Kriterien für nachhaltige Chemikalien dürfen deshalb auch nicht auf solche Parameter reduziert werden.
  • Das bewährte Konzept der Risikobewertung muss für alle Stoffe erhalten bleiben. Den in der Chemikalienstrategie vorgeschlagenen, primär gefahrenbasierten Ansatz, den die Kommission den „allgemeinen Ansatz zum Risikomanagement“ nennt und der ein generelles Verbot bestimmter Stoffe ohne Risikobewertung und öffentliche Konsultation vorsieht, sieht der VCI sehr kritisch.

Ohne gefährliche Stoffe keine Nachhaltigkeit und keine Innovation

  • Innovation, Produktion nachhaltiger Produkte und Wertschöpfung müssen weiterhin in Europa stattfinden und die 1,2 Millionen Arbeitsplätze weiter in der EU bleiben. Wichtige Produktionen sollten möglichst nach Europa zurückkehren. Das geht nicht ohne als gefährlich eingestufte Stoffe.
  • Nachhaltigkeit und gefährliche Stoffe schließen sich nicht aus. Gerade die für bestimmte Verwendungen und Verfahren benötigte Funktionalität und Reaktivität von chemischen Stoffen ist oft untrennbar mit der gefährlichen Eigenschaft verbunden.
  • Es kommt deshalb darauf an, die sichere und nachhaltige Verwendung von eingestuften Stoffen zu stärken und gleichzeitig spezifische, inakzeptable Risiken zu identifizieren und auszuschließen.

Konstruktiver Dialog und Impact Assessments notwendig

  • Besonders wichtig ist jetzt aus VCI-Sicht der in der Chemikalienstrategie angekündigte hochrangige Runde Tisch mit allen Stakeholdern. Ein konstruktiver und ergebnisoffener Dialog ist dringend notwendig, bevor konkrete Vorschläge zur Änderung von Vorschriften gemacht werden.
  • Zusätzlich sind umfassende Impact Assessments über geplante legislative Maßnahmen hinaus für alle Maßnahmen der Chemikalienstrategie erforderlich.

Das vollständige Positionspapier mit mehr Details sowie einer Bewertung einzelner Aspekte der Chemikalienstrategie (Umfang 6 Seiten) finden Sie im Download-Bereich im Kopf dieser Seite.

Service:

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Angelika Hanschmidt

Dr. Angelika Hanschmidt

Europäische Chemikalienpolitik, EU-Chemikalienstrategie, REACH

Dr. Michael Lulei

Dr. Michael Lulei

Abteilungsleitung Produktsicherheit, Internationale Chemikalienpolitik, Produkt- und Chemikaliensicherheit