19. Oktober 2022 | Bericht
Der VCI begrüßt die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Regulierung der privaten Prozessfinanzierung.
Am 13. September 2022 hat das Europäische Parlament (EP) mit großer Mehrheit eine Entschließung mit Empfehlungen an die Kommission „zur verantwortungsbewussten privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten“ angenommen.
Die Entschließung beruht auf einen legislativen Initiativbericht des EP-Berichterstatters, MdEP Axel Voss (EVP).
Die Empfehlung, die für die Europäische Kommission nicht bindend ist, sieht unter anderem ein Zulassungsverfahren für private Prozessfinanzierer vor. Außerdem sind Schranken für die Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Prozessfinanzierern und Klägern vorgesehen, die klagende Verbraucher vor einer Übervorteilung schützen sollen. Es soll eine Verpflichtung des Prozessfinanzierers zu transparentem Handeln im Interesse des Klägers eingeführt werden, die auf einem, durch den Prozessfinanzierungsvertrag begründeten Treueverhältnis beruht. Die Inhaltskontrolle dieses Vertrages soll nationalen Gerichten oder Behörden obliegen. Schließlich sieht die Empfehlung noch eine Vorlagepflicht des kompletten und unredigierten Prozessfinanzierungsvertrag zwischen dem Prozessfinanzierer und den Geschädigten bei Gericht und gegenüber dem Beklagten vor.
Die Empfehlung des Europäischen Parlaments trägt nach Auffassung des VCI der wachsenden Bedeutung der Prozessfinanzierung durch private Organisationen Rechnung. So sagt eine Studie des Europäischen Parlaments der privaten Prozessfinanziererung im Rahmen der gerichtlichen Aufarbeitung der Covid19-Pandemie sowie Gerichtsverfahren im Umwelt- und Klimaschutz ein erhebliches Wachstum voraus. Auch die bereits im Dezember 2020 verabschiedete EU-Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG („EU-Sammelklagerichtlinie“) lässt Drittfinanzierung von Kollektivklagen ausdrücklich zu.
Demgegenüber sind private Prozessfinanzierer bislang weitgehend unreguliert. Im Zuge der EU-Sammelklagerichtlinie wurden Regelungsansätze zur Drittprozessfinanzierung zwar diskutiert. Es wurden aber nur einige Transparenzvorschriften und Vorgaben zur Vermeidung von Interessenskonflikten in Artikel 10 der EU-Sammelklagerichtlinie aufgenommen.
Der VCI sieht daher, zum Schutz der von privat finanzierten Sammelklagen betroffenen Unternehmen und der geschädigten Verbraucher, in dessen Namen kollektive Klagen erhoben werden, dringenden Handlungsbedarf. Wir begrüßen die Empfehlung des Europäischen Parlaments ausdrücklich und fordern die Europäische Kommission auf, die bislang nur unverbindliche Empfehlung als Richtlinienentwurf offiziell vorzuschlagen. Dies ist zur Einleitung eines Gesetzgebungsvorhabens notwendig, da nur die Europäische Kommission über ein diesbezügliches Initiativrecht verfügt.
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RA Marcel Kouskoutis
Gewerbliche Schutzrechte, Kartellrecht, Rechtsfragen Digitalisierung, Zivil- und Vertragsrecht
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