02. März 2022 | Standpunkt
Wolfgang Große Entrup verurteilt die Invasion in die Ukraine und spricht über Folgen für die chemisch-pharmazeutische Industrie.
Die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine haben uns alle zutiefst getroffen. Undenkbares ist schreckliche Realität geworden: Krieg in Europa. Viele unschuldige Menschen sterben, Hunderttausende sind auf der Flucht. Unsere Gedanken sind bei jenen, die durch die militärische Aggression Russlands enormes Leid erfahren. Die Invasion durch Putins Truppen ist ein Anschlag auf das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine und eine demokratische Gesellschaftsform. Es ist aber auch eine rabenschwarze Zeit für die Freiheit und das friedliche Miteinander der Nationen in Europa. Wir bekennen uns in diesen Tagen klar zum Primat der Politik.
Die großen wirtschaftlichen Folgen stehen für uns erst an zweiter Stelle. Zunächst gilt es den Beschäftigten in den Betrieben im Kriegsgebiet und deren Familien zu helfen und sie zu schützen. Darüber hinaus sind von vielen Unternehmen humanitäre Hilfsaktionen für die breite Bevölkerung in der Ukraine angelaufen.
Auch wenn die Hilfe für die Menschen derzeit absolut im Vordergrund steht, blicken wir in Verantwortung für unsere Beschäftigten und Kunden auch auf die wirtschaftlichen Folgen der militärischen Eskalation in der Ukraine. Dabei geht es insbesondere um die Versorgungssicherheit mit Erdgas, das für unsere Branche große Bedeutung hat. Allein 2,8 Millionen Tonnen setzt die chemisch-pharmazeutische Industrie als Rohstoff direkt für die Produktion ein. Mehr als das Doppelte benötigt sie für die Erzeugung von Wärme und Strom in ihren Anlagen.
Sollte Gas in Europa knapp werden, weil die Lieferungen aus Russland noch weiter eingeschränkt werden oder komplett ausfallen, könnte die Lage für energieintensive Unternehmen äußerst problematisch werden: Es drohen in diesem Fall explodierende Preise für Erdgas auf einem ohnehin historisch extrem hohen Preisniveau. Ein massiver Anstieg ist bereits in den letzten Tagen seit dem Kriegsbeginn zu verzeichnen. Nicht wenige Betriebe haben kaum noch finanziellen Spielraum oder stehen bereits wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand. Deshalb diskutieren wir unter Hochdruck mit der Bundesregierung über zeitnahe, pragmatische Lösungen und Maßnahmen für Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie.
Wir wissen wie angespannt die Lage in den Unternehmen ist. Zu Ihrer Unterstützung haben wir daher einen VCI-Helpdesk zum Ukraine-Krieg eingerichtet. Hier finden Sie aktuelle wirtschaftspolitische Informationen rund um die russische Aggression. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zu wesentlichen Themenbereichen kurzfristig Kontakt mit einem VCI-Experten aufzunehmen. Das Angebot wird stetig ausgebaut.
Es ist keine Frage, dass die Ereignisse der vergangenen Woche eine Zäsur vor allem für Europa bedeuten. Der Westen ist derzeit nicht schwach, sondern geeint wie selten zuvor. Auch die wiedererstarkte transatlantische Gemeinschaft gibt Anlass zur Hoffnung, auch wenn momentan der Ausgang der Krise nicht absehbar ist. Hoffen wir, dass diese Einigkeit ihre Wirkung erzielt.
Wolfgang Große Entrup,
Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums des VCI