28. August 2023 | Standpunkt
Die Industrie sendet SOS - in einem Brandbrief warnt VCI-Präsident Steilemann vor Deindustrialisierung.
Deindustrialisierung stoppen!
Insolvenzen, Verlagerung, Stellenabbau und Gewinneinbrüche – wem die Schlagzeilen der vergangenen Wochen keine Sorgenfalten in die Stirn meißeln, hat von Wirtschaft wenig Ahnung. Auch die Bilanzpressekonferenz unseres Verbandes im Juli lieferte ein Stakkato der schlechten Nachrichten. Produktionsrückgänge und Auftragseinbußen rauben unserer Branche die Zuversicht. Das darf niemand in der Politik tatenlos mitansehen. Denn unser Land hat ganz massive strukturelle Defizite.
Politik muss den Glauben an den Standort wiederherstellen
Deutschland steht im Herbst an einem Scheideweg. Es entscheidet sich, ob wir als erfolgreicher Industriestandort eine Zukunft haben werden. Die Lage ist wirklich ernst. Hier zählen wir vor allem auf den Bundeskanzler: Olaf Scholz muss klare Führung zeigen und die drohende wirtschaftliche Schieflage zur Chefsache machen. Auf einem Chemiegipfel im Kanzleramt am 27. September werden ihn führende Vertreter unserer Branche in die Pflicht nehmen. Deutschland braucht eine aktive Industriepolitik auf allen politischen Ebenen, die umgehend wirkt und langfristig Sicherheit gibt.
Einzigartige Allianz zeigt: Es steht enorm viel auf dem Spiel
Dass die viel zu hohen Energiekosten für die Industrie dringend gesenkt werden müssen, ist mittlerweile weitgehend Konsens – nicht nur in der Industrie selbst, sondern bis auf wenige Ausnahmen auch in Politik und Wissenschaft. Um der Forderung nach einem Industriestrompreis noch mehr Nachdruck zu verleihen und hoffentlich auch die letzte Skepsis auszuräumen, hat sich die schlagkräftige und einzigartige „Allianz pro Brückenstrompreis“ formiert: Darin kämpfen die Verbände der energieintensiven Branchen Seite an Seite mit den Gewerkschaften für den Erhalt des Standorts. Zusammen vertreten sie mehr als 1,1 Millionen Beschäftigte in über 8.000 Unternehmen. Insgesamt hängen hieran bis zu 2,4 Millionen Arbeitsplätze und gut 240 Milliarden Euro Wertschöpfung.
Die schiere Zahl der Betroffenen lässt erahnen, wie sehr von der strukturellen Benachteiligung der Chemie und den anderen wichtigen Industrien die gesamte Volkswirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Deshalb wende ich mich mit diesem Brandbrief an alle politischen Entscheiderinnen und Entscheider: Bitte lesen Sie, welche Sofortmaßnahmen die deutsche Industrie jetzt braucht. Und helfen Sie mit, die Deindustrialisierung unseres Landes zu stoppen.
Dr. Markus Steilemann
VCI-Präsident
Dieser Beitrag ist Teil des VCI-Politikbriefs „Deindustrialisierung stoppen!“ (August 2023).
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