Impact-Studie des IW

Schnellere Zulassungsverfahren

10. Dezember 2021 | Information

Effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren sind ein zentraler Erfolgsfaktor auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat die volkswirtschaftlichen Effekte analysiert.

Unnötiger bürokratischer Aufwand führt zu extremen Verzögerungen und Belastungen. © makibestphoto - stock.adobe.com
Unnötiger bürokratischer Aufwand führt zu extremen Verzögerungen und Belastungen. © makibestphoto - stock.adobe.com

Schnelle, effiziente und rechtssichere Planungs- und Genehmigungsverfahren bringen drei Vorteile: Erstens kurbeln sie das Wachstum an, schaffen so neue Arbeitsplätze, Steuermehreinnahmen und eine Stärkung der sozialen Sicherungssysteme. Zweitens tragen sie dazu bei, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Umwelt zu schonen. Vor allem aber sind sie ein Booster für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft. Das ist das Ergebnis einer Studie des IW Köln, die der VCI in Auftrag gegeben hat.

Der einstige Standortvorteil Genehmigungsrecht ist schon seit Langem ein ernsthafter Standortnachteil: Zu lang und zu komplex sind mittlerweile in Deutschland die Verfahren, bis Windräder und Industrieanlagen in Betrieb gehen können, neue Eisenbahnschienen verlegt sind oder Schleusen erneuert werden. Die aktuelle IW-Studie „Gesamtwirtschaftliche Effekte von Bürokratie in Planungs- und Genehmigungsverfahren“ macht deutlich, dass eine straffere Verfahrensdauer eine ökonomische und ökologische Dividende ermöglicht, weil einerseits CO2-Emissionen vermieden werden könnten und andererseits die Wirtschaftsleistung erhöht wird. Die Studie belegt dies mit Beispielen:

  • Verkürzt man beispielsweise die Verfahren beim „unternehmerischen Eigenerwerb“ von sechs auf fünf Schritte, stiege die Wirtschaftsleistung um 26 Milliarden Euro.
  • Würde es gelingen, die erforderliche Zeit zur Durchsetzung eines Vertrages in Deutschland von zuletzt durchschnittlich 499 Tagen um 10 Prozent auf 450 Tage zu reduzieren, könnte das einen geschätzten Anstiegs des BIP um 66 Milliarden Euro bewirken. Anders ausgedrückt: Ein zusätzlicher Tag zur Durchsetzung eines Vertrages geht mit einem durchschnittlichen BIP-Rückgang von gut 1,3 Milliarden Euro einher.
  • Auch für Unternehmensgründungen sind die Auswirkungen gravierend. Verkürzte man die Dauer der Verfahren, die eine Unternehmensgründung zurzeit erfordert, um einen Tag, so brächte dies rund 6,6 Milliarden Euro zusätzliche Wertschöpfung. Und umgekehrt: Jedes zusätzliche Verfahren bei der Unternehmensgründung verhindert 2.700 Neugründungen.
  • 2019 betrug die erforderliche Zeit zur Gründung eines Unternehmens laut Weltbank in Deutschland acht Tage. Wenn diese Zeit halbiert werden kann, geht dies nach Berechnungen des IW mit durchschnittlich 7,6 Milliarden Euro mehr an ausländischen Direktinvestitionen einher.
  • Darüber hinaus bremsen die langen Genehmigungsverfahren auch Investitionen aus. Jeder zusätzliche Verfahrenstag, der allein für die Errichtung und den Bau eines Lagers notwendig ist, kostet die deutsche Volkswirtschaft 373 Millionen Euro Investitionen im Jahr.
  • Die Umstellung eines Crackers auf Elektroheizung mit Grünstrom könnte den CO2-Ausstoß dieser Anlage so stark reduzieren, dass der mögliche Einspareffekt größer ist als der potenzielle Effekt von Tempolimit (130 km/h) auf Autobahnen und einem Verbot von Inlandsflügen zusammen. Verzögert sich die Umstellung des Projekts aber um ein Jahr, so werden zusätzliche Emissionen in Höhe von rund 4 Millionen Tonnen CO2 verursacht.
  • Die Erneuerung von bestehenden Windkraftanlagen (Repowering) wird durch lange und aufwendige Verfahren gebremst. 2 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß wären jedes Jahr vermeidbar, wenn konventionelle Stromerzeugung durch Repowering früher möglich wäre. Das entspricht dem innerdeutschen Flugverkehr. Hochgerechnet auf das gesamte Repoweringpotenzial wären sogar 12 Millionen Tonnen CO2 im Jahr vermeidbar.

Damit das deutsche Planungs- und Genehmigungsrecht wieder zu einem Standortvorteil avanciert, plädiert das IW für eine umfassende Digitalisierung der Verfahren, mehr Personal in den zuständigen Behörden sowie eine Klarstellung unbestimmter Rechtsbegriffe. „Denn effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den klimaneutralen Umbau der deutschen Wirtschaft und das Erreichen ambitionierter Klimaschutzziele.“

Mehr zum Thema

IW-Direktor Michael Hüther auf der VCI-Pressekonferenz am 16.02.2022

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Dr. Henrik Meincke

Dr. Henrik Meincke

Abteilungsleitung Volkwirtschaft, Wirtschafts- und Industriepolitik