Rechtsgutachten zur Öffentlichkeitsbeteiligung

Damit Geneh­migungsverfahren schneller werden

11. Februar 2022 | Bericht

Wie kann die notwendige Beschleunigung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung gelingen?

Der VCI in einem Rechtsgutachten prüfen lassen, wie die notwendige Beschleunigung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung gelingen kann. © Studio Romantic/stock.adobe.com
Der VCI in einem Rechtsgutachten prüfen lassen, wie die notwendige Beschleunigung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung gelingen kann. © Studio Romantic/stock.adobe.com

Das hat der VCI in einem Rechtsgutachten „Genehmigungs- und Planungsmodernisierung in Deutschland – Optionen für eine Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung“PDF | 659 kB | Stand: 11. Februar 2022 prüfen lassen. Es beleuchtet Chancen, aber auch Risiken ausgewählter Ansätze.

Die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren hat im Lichte der Transformation und des Erreichens der ambitionierten Klimaschutzziele eine besondere Dringlichkeit erlangt. Das Gutachten stellt fest, dass die Verfahrensbeschleunigung ein Verfassungsgebot ist, denn nach der Klima-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts besteht ein Anspruch künftiger Generationen auf zeitnahen Klimaschutz.

Das Gutachten enthält folgende Kernaussagen:

  • Digitalisierung und Schutz sensibler Informationen
    Ein wesentlicher Hebel für die Beschleunigung ist die Digitalisierung der Verfahren. Dies umfasst die vollständig digitale Abwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung einschließlich der elektronischen Einreichung des Genehmigungsantrags und von Stellungnahmen. Hierbei ist besonderes Augenmerk auf den Schutz von geschäftlich oder sicherheitsbezogenen sensiblen Daten zu legen, denn der Schutz vor Industriespionage und die Sicherheit der Anlagen muss sichergestellt werden. Darüber hinaus sind Behörde und Vorhabenträger in Genehmigungsverfahren oftmals uneinig, inwieweit geheimhaltungsbedürftige Daten vorliegen. Um Verzögerungen im Genehmigungsverfahren zu vermeiden, wird ein abgegrenztes, paralleles, beschleunigtes gerichtliches Verfahren allein zur Klärung der Geheimhaltungsbedürftigkeit vorgeschlagen (in-camera-Verfahren).
  • Effizientere Öffentlichkeitsbeteiligung
    Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung ist zu beachten, dass diese zwar zur Information der Behörde sowie zur Akzeptanz von Behördenentscheidungen und somit zur Befriedung beitragen kann. Sie hat allerdings lediglich eine dem Verfahren dienende Funktion und ist weder verfassungsrechtlich geschützter Selbstzweck noch führt sie zu einer Mehrheitsentscheidung über das betroffene Vorhaben. Denn bestehen keine rechtlichen Hindernisse für eine genehmigungspflichtige Anlage, dann hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Vor diesem Hintergrund ist die deutsche Regelung, jedermann im Genehmigungsverfahren zu beteiligen, europarechtlich nicht zwingend. Vielmehr ist die Begrenzung auf die von dem Vorhaben konkret betroffene Öffentlichkeit (einschließlich Umweltverbände) zulässig.
  • Anstoßfunktion der auszulegenden Unterlagen
    Ferner wäre es europarechtlich auch möglich, den Umfang der auszulegenden Unterlagen auf das Maß zurückzuführen, dass es der (betroffenen) Öffentlichkeit ermöglicht, ihre eigene Betroffenheit festzustellen und ggf. Einwendungen gegen das Vorhaben zu formulieren (Anstoßfunktion).
  • Schriftliches Verfahren statt Erörterungstermin
    Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung wird oftmals ein sogenannter Erörterungstermin abgehalten, in dem das Vorhaben mit der Öffentlichkeit diskutiert wird. Einwendungen gegen ein Vorhaben können jedoch effizienter im schriftlichen Verfahren eingeholt werden, zumal die teilnehmende Öffentlichkeit gerade bei kontroversen Vorhaben oftmals enttäuscht ist, dass der (zeit- und ressourcenintensive) Erörterungstermin nicht zur fundamentalen Änderung oder gar Verhinderung des Vorhabens führt. Deshalb wird vorgeschlagen, den Erörterungstermin abzuschaffen, auch weil dieser europarechtlich nicht gefordert ist.
  • Beteiligungsfristen vereinheitlichen
    Auch die derzeitige bis zu zweimonatige Beteiligungsfrist bei Genehmigungsverfahren ist nicht europarechtlich vorgegeben. Die Stellungnahmefristen sollten entsprechend vereinheitlicht und verkürzt werden auf einen Zeitraum von 30 Tagen.

Mehr zum Thema

Stefan Altenschmidt von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft auf der VCI-Pressekonferenz am 16.02.2022.

Downloads

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

 Dominik Jaensch

Dominik Jaensch

Rechtsfragen REACH, Strafrecht, Versicherungsfragen, Verwaltungs-/Umwelthaftungsrecht

RA Berthold Welling

RA Berthold Welling

Geschäftsführung Recht und Steuern