Studie von DECHEMA und FutureCamp für den VCI

Roadmap Chemie 2050

Publikation

Klimaschutz ist zu einem zentralen Anliegen der Gesellschaft und zu einem dominierenden Thema der Politik in Deutschland geworden. Auch die chemische Industrie bekennt sich klar zum Klimaschutz: Sie senkt ihren eigenen Treibhausgasausstoß und trägt mit innovativen Produkten dazu bei, dass auch in anderen Bereichen Emissionen eingespart werden können. Die Bundesregierung hat für das Jahr 2050 Treibhausgasneutralität als Ziel ausgerufen. In der vorliegenden Studie hat die chemische Industrie von Experten analysieren lassen, ob und wie sie den Weg zur Treibhausgasneutralität mitgehen kann.

Publikation
96 Seiten / DIN A4
Zielgruppe
VCI-Mitgliedsunternehmen; Politik; breite Öffentlichkeit
Studie

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Mit der neuen Roadmap zum Klimaschutz legt der VCI erstmals eine Studie vor, die den Weg zu einer treibhausgasneutralen chemischen Industrie in Deutschland beschreibt. Die Studie zeichnet ein detailliertes Bild der Entwicklung der Branche bis 2050 und erläutert Potenziale und Voraussetzungen zur Senkung von CO2. Es zeigt sich: Die Chemie wird ihre Treibhausgasemissionen auch in Zukunft weiter senken können. Allerdings kommt sie je nach getroffenen Maßnahmen unterschiedlich weit. Die Studie zeigt dies anhand von drei Pfaden, die unterschiedliche Ambitionsniveaus darstellen.

Hintergrund

Mit der Roadmap will sich die chemische Industrie selbst und auch gegenüber Gesellschaft und Politik einen Überblick darüber verschaffen, ob

  • überhaupt Treibhausgasneutralität in der Chemie möglich ist,
  • mit welchen Technologien gearbeitet werden muss,
  • was eine Transformation betriebswirtschaftlich bedeutet
  • und welche Rahmenbedingungen erforderlich sind.

Diese Punkte hat der VCI daher von DECHEMA und FutureCamp untersuchen lassen.

Drei Pfade zur Treibhausgasneutralität

Referenzpfad

Optimiert die Branche ihren heutigen Anlagenpark weiter und bezieht immer CO2-ärmeren Strom, kann sie zwischen 2020 und 2050 ihren CO2-Ausstoß um 27 Prozent von 112,8 Mio. auf 82,1 Mio. Tonnen CO2 senken. Die Chemiebilanz profitiert hier auch von der Umsetzung des Kohleausstiegs in Deutschland. Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Referenzpfads, dass sich die Klimabilanz der deutschen Chemie durch Effizienzmaßnahmen in den Anlagen und den Kohleausstieg bereits bis 2030 deutlich verbessern wird. Nach 2030 sinkt das Emissionsniveau aber nur noch langsam. Dies macht deutlich, dass die Chemie in den vergangenen Jahrzehnten bereits hohe Vorleistungen erbracht hat: Das Minderungspotenzial durch die weitere Optimierung der konventionellen Prozesse ist nahezu ausgereizt.

Technologiepfad

Die Treibhausgasminderung ab 2030 wird deutlich stärker ausfallen, wenn die deutsche Chemie stark in neue Prozesstechnologien in der Basischemie investiert. Sie kann dadurch energiebedingte und Prozessemissionen, die der Chemie bisher zugeordnet wurden, stark reduzieren. Es verbleiben Treibhausgasemissionen aus der Nutzung fossiler Ressourcen als Rohstoffquelle und für Verbrennungsprozesse. Auch diese können teilweise durch alternative Quellen ersetzt werden. Weitere Fortschritte erreicht die Branche, indem sie Kunststoffe durch ein verbessertes mechanisches und chemisches Recycling wieder als Ausgangsmaterial für die Produktion von Basischemikalien verwendet.

Damit die Technologien 2040 bereitstehen, müssen sie bis dahin zur Marktreife weiterentwickelt werden. Während dieses Vorlaufs werden Unternehmen erheblich in Forschung und Entwicklung der Verfahren investieren müssen. In diesen Bemühungen werden sie staatliche Förderung und Unterstützung benötigen. Für den Bau neuer Anlagen der sechs in der Studie untersuchten Basischemieprozesse müssen die Unternehmen ihr Investitionsbudget stark erhöhen. Insgesamt sind bis 2050 mindestens 15 Mrd. Euro an zusätzlichen Mitteln nur für die Markteinführung nötig (ohne Entwicklungskosten), der größere Teil davon ab 2040. Für die Umstellung der Prozesse ist allerdings erneuerbarer Strom in erheblichem Umfang erforderlich: Allein die deutsche Chemie müsste ab 2040 eine Strommenge von 224 TWh jährlich beanspruchen (2018: 54 TWh). Dies entspricht in etwa der gesamten Menge erneuerbaren Stroms, die 2018 in Deutschland produziert wurde, beziehungsweise dem heutigen Stromverbrauch der gesamten deutschen Industrie.

Pfad Treibhausgasneutralität

Um die deutsche Chemie 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu stellen, müssen die im limitierten Technologiepfad beschriebenen Anstrengungen noch intensiviert werden. Technologien werden in diesem Pfad schon dann eingeführt, wenn sich aus ihrem Einsatz eine CO2-Ersparnis ergibt, unabhängig von der Wirtschaftlichkeit. Von 2035 bis 2050 werden so alle konventionellen Verfahren der Basischemie durch alternative Verfahren ohne CO2-Emissionen ersetzt. Die größten CO2-Minderungen würden erst in den 2040er Jahren erbracht, wenn die Technologien in der Breite wirken und der deutsche Strommix weitgehend dekarbonisiert ist. Auch die Kosten steigen im Vergleich zum Technologiepfad rasant. Die Unternehmen müssten allein für die Herstellung der sechs in der Studie untersuchten Produkte von 2020 bis 2050 rund 45 Mrd. Euro mehr investieren, den größten Teil davon wiederum ab 2040. Die Kehrseite der Medaille: Die neuen, strombasierten Verfahren lassen den Strombedarf der deutschen Chemie ab Mitte der 2030er Jahre auf 628 TWh jährlich steigen, was mehr als der gesamten deutschen Stromproduktion von 2018 entspricht.

Je nach Ambitionsniveau werden die Treibhausgasemissionen der deutschen Chemieindustrie bis 2050 unterschiedlich stark sinken. © VCI

Schlussfolgerungen

Unternehmen können die Transformation hin zu null Emissionen nur vorantreiben, wenn sie in jeder Phase wettbewerbsfähig bleiben und günstige Rahmenbedingungen vorfinden. Aber auch dann stehen einer Treibhausgasneutralität der Chemie hohe Hürden im Weg: Eine wichtige Voraussetzung für nahezu alle neuen Technologien ist die Verfügbarkeit erneuerbaren Stroms in aus heutiger Sicht gigantischen Mengen und zu Kosten von 4 Cent je Kilowattstunde. Ohne diese Randbedingungen lohnt sich die Einführung der neuen Technologien zur CO2-Minderung nicht. Ist der Strom teurer, wird sich die Implementierung neuer Verfahren auf deutlich nach 2050 verzögern.

Aus dem Inhalt

  1. Zusammenfassung
  2. Einleitung und Ziel der Roadmap
  3. Die Herausforderung
  4. Methodik und Annahmen
  5. Technologien für eine Treibhausgasneutralität 2050
    1. Chlor-Alkali-Elektrolyse
    2. Bereitstellung von Wasserstoff
    3. Harnstoffsynthese
    4. Methanolsynthese
    5. Herstellung von Olefinen und Aromaten
    6. Standortenergieerzeugung
    7. Zusammenfassung der Schlüsselparameter für den Einsatz der betrachteten Technologien
  6. Referenzpfad unter heutigen Bedingungen
  7. Technologiepfad
  8. Pfad Treibhausgasneutralität 2050
  9. Übergreifende Ergebnisse
  10. Schlussfolgerungen und Handlungsfelder

Kontext der Studie

„Chemie ist Zukunft.“ – Damit diese Aussage auch morgen noch gilt, hat der VCI drei Studien in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen helfen, die Zukunftsfähigkeit der Branche am Standort Deutschland zu sichern:

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Kontakt

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Dr. Jörg Rothermel

Dr. Jörg Rothermel

Bereichsleitung Energie, Klimaschutz und Rohstoffe

 Jürgen Udwari

Jürgen Udwari

Pressesprecher Energie, Klimaschutz und Rohstoffe